"Flöckchen" Mein Name


Hallo ihr,

die ihr da draussen gerade mein Portrait betrachtet. Mein Name ist Flöckchen und wie die Jungfrau zum Kind, so bin ich zum modeln gekommen.

Mein weiblicher Dosenöffner hatte beschlossen ein Katzenportrait mit Air-Brush anzufertigen. Nur sollte  es erst  mein Artgenosse Lucy sein, ein Karthäuser-Kater in unserer Wohngemeinschaft, der meint, etwas Besseres zu sein.

 

Von Lucy gab es aber nur ganz wenige Fotos, die man gebrauchen konnte, denn er läuft immer weg sobald er eine Kamera sieht. Ich nicht, ich schmeisse mich in Pose und halte immer schön still.

 

Und so kam mir der Zufall zu Gute, dass mein Mensch die Fotos von Lucy nicht fand. Schlau wie ich bin, habe ich mit ständigem hin- und herlaufen  Mary auf mich aufmerksam gemacht. Eigentlich bin ich nur von meinem Fressnapf zu Lucys Fressnapf gelaufen, um zu prüfen, ob  er was anderes drin hat als ich. Wenn er dann ging, bediente ich mich am Napf von Lucy. Meinen Napf konnte ich dann immer noch leer machen.

 

Was soll ich euch sagen, Mary ist auf mich aufmerksam geworden und hat auch ein gutes Foto von mir gefunden. 

 

Es war Wochenende und ich verbrachte es in aller Ruhe mit fressen und schlafen.  Am  Montag jedoch war sie so weit mit meinem Portrait, dass es für mich anstrengend wurde.  Ich wurde fast totgestreichelt, damit sie mich richtig beobachten konnte. Vor allem meine Augen. Ich habe sehr schöne Augen und jeder, der mich  ansieht, ist von mir verzaubert. Hier halte ich es mit meinem Kumpel Humphrey  Bogart  "schau mir in die Augen Kleines". Ihr kennt doch den großen Schauspieler, der in dem Klassiker "Casablanca" glänzte.

 

Meine Augen  dienten mir auch als Türöffner bei den Menschen, die ich mir als Gefährten aussuchte.

 

Das herumstreunern hatte endlich ein Ende. Ich sass vor der Terrassentür und schaute ständig ins Wohnzimmer, in der Hoffnung, das irgendjemand mich sehen würde. So war es dann auch. Die Tür öffnete sich und schon bei meinem ersten Inspektionsgang durch das Wohnzimmer suchte ich mir den strategisch besten Platz aus, von dem ich alles im Blick hatte. Das war die Couch. Dort machte ich mich erst einmal richtig breit. Und damit mir auch die Tür immer geöffnet wurde, ging  ich nur ein paar Runden ums Haus und saß dann wieder vor meinem neuen Zuhause.

 

Das klappte einwandfrei. Wenn ich der Meinung bin, ich könnte mal wieder ein paar Streicheleinheiten gebrauchen, laufe ich einfach über die Tastatur von Marys PC und schon habe ich die Aufmerksamkeit auf meiner Seite. Sollte das mal nicht so klappen, so gibt es noch noch ein weiteres kuscheliges Plätzchen im Wasserbett. Und wenn ich Glück habe, liegt auch noch dort ein menschlicher Kater mit dem ich schmusen kann.

 

Nun aber nicht den Roten Faden verlieren. Zurück zum modeln. Nach gefühlten Stunden beendete Mary dann Gott sei Dank mein  Portrait. Ich sag euch, so ein Model-Job wär gar nichts für mich. Ich bleibe auf dem Boden der Realität und lebe mein ganz normales Katzenleben weiter. Fressen, schlafen, Vögel jagen, das ist meine Welt.

 

Wenn ich mir mein Bild so betrachte, muss ich sagen, dass ich gar nicht so schlecht getroffen bin. Natürlich sehe ich in Natura viel besser aus. Aber sind wir doch mal ehrlich, für das erste Katzenportrait mit diesem komischen Ding, das aussieht wie ein Kugelschreiber mit Luftantrieb - sprich Air-Brush-Pistole -  bin ich schon ganz ordentlich geworden. Wenn mein Dosenöffner weiterhin schön fleissig übt, wird das sicher noch besser - aber bitte in Zukunft ohne mich -

 

Euer Flöckchen

 

Unna, den 7.3.2017

 

Verfasser: Mary de West